
10. Dezember 2025
Das Bahnhofsviertel in Münster gehört seit Jahren zu den komplexesten innerstädtischen Räumen. Hohe Aufenthaltsfrequenzen, sichtbare Armut, Drogenszenen, Nutzungskonflikte in Unterführungen und Eingangsbereichen sowie Zeiten geringer sozialer Kontrolle führen zu einer dauerhaft angespannten Situation. Diese Problemlagen betreffen uns nicht abstrakt, sondern wirken sich täglich auf die Nutzbarkeit unserer Immobilien am Berliner Platz aus. Als Eigentümer mehrerer Gewerbe- und Büroobjekte erleben wir unmittelbar, wie Verunreinigungen, Störungen an Eingängen oder verunsicherte Kundinnen und Kunden unsere Mieterinnen und Mieter belasten. Solche Entwicklungen beeinflussen wirtschaftliche Entscheidungen wie Standortwahl, Vertragsverlängerungen oder Neuansiedlungen. Aus diesem Grund sehen wir die Lage nicht als Randerscheinung, sondern als strukturelles Risiko für die Stabilität des Quartiers. Wir verstehen uns daher nicht nur als Verwalter unserer Gebäude, sondern als Teil eines größeren Umfelds, in dem private, öffentliche und soziale Akteure untrennbar miteinander verbunden sind.
Eines der dauerhaftesten Probleme im Bahnhofsviertel ist die zunehmende Vermüllung und Verunreinigung öffentlicher Bereiche. Unterführungen, Zwischenflächen, Hinterhöfe und stark frequentierte Wege sind regelmäßig betroffen und beeinträchtigen das Sicherheitsempfinden vieler Menschen. Wir lassen deshalb seit längerem nicht nur auf unseren eigenen Grundstücken reinigen, sondern auch in angrenzenden Bereichen, sofern keine hoheitlichen Aufgaben berührt werden.
Diese Maßnahme erfolgt aus praktischen Gründen: Die Verschmutzungen entstehen häufig an Übergängen zwischen öffentlichem und privatem Raum, und in der alltäglichen Wahrnehmung spielt es für unsere Mieterinnen und Mieter sowie deren Kundschaft keine Rolle, wem eine Fläche rechtlich gehört. Für sie zählt, ob das Umfeld als sauber und zumutbar empfunden wird. Sauberkeit ist damit eine Grundvoraussetzung für Sicherheit und Nutzbarkeit, nicht lediglich eine ästhetische Maßnahme. Ungepflegte Bereiche werden deutlich häufiger als Angsträume wahrgenommen. Durch konsequente Reinigung möchten wir einen Beitrag dazu leisten, die Situation zu stabilisieren und insbesondere kleineren Unternehmen und Dienstleistern eine verlässliche Arbeitsumgebung zu sichern.
Trotz erhöhter Präsenz von Polizei und Ordnungsamt bleibt die Zahl der Vorfälle im Bahnhofsviertel hoch. Wie auch im jüngsten IHK-Bericht zum Bahnhofsviertel dargestellt, entstehen viele der aktuellen Belastungen nicht aus klar abgrenzbaren Straftaten, sondern aus einer Vielzahl kleiner Störungslagen (IHK Nord Westfalen, Wirtschaftsspiegel 4/2025). Diese Einschätzung deckt sich mit unseren Erfahrungen im täglichen Betrieb unserer Immobilien. Viele Probleme entstehen nicht durch eindeutige Straftaten, sondern durch niedrigschwellige Konflikte, die sich dynamisch entwickeln und den Alltag im Quartier prägen.
Vor diesem Hintergrund unterstützen wir Überlegungen, einen gemeinschaftlich finanzierten Sicherheitsdienst im Gebiet einzusetzen. Ein solcher Dienst könnte als sichtbare Anlaufstelle dienen, frühzeitig deeskalieren, Auffälligkeiten dokumentieren und damit eine wichtige Ergänzung zur staatlichen Präsenz bilden. Wir erwarten nicht, dass private Sicherheitskräfte polizeiliche Aufgaben übernehmen. Vielmehr sehen wir hier eine operative Unterstützung im Alltag, insbesondere bei wiederkehrenden Störungen in Eingangsbereichen, Konflikten zwischen Gruppen oder Situationen, in denen eine schnelle, niedrigschwellige Ansprache erforderlich ist. Für Ansiedlungsentscheidungen im Dienstleistungs-, Praxis- und Gewerbebereich ist die Wahrnehmung der unmittelbaren Umgebung ein entscheidender Faktor. Eine verlässlichere Sicherheitspräsenz kann Bestandsmieter entlasten und Neuansiedlungen ermöglichen. Als Eigentümer möchten wir daher konstruktiv dazu beitragen, eine tragfähige gemeinschaftliche Lösung im Quartier zu entwickeln.
Neben kurzfristigen Maßnahmen beschäftigt uns auch die langfristige Entwicklung des Berliner Platzes. Die Stadt Münster arbeitet an Konzepten, die unter anderem neue Dienstleistungsnutzungen, mögliche Hotelstandorte und eine zusätzliche Polizeiwache vorsehen. Als Bestandshalter bringen wir unsere Erfahrungen aus der alltäglichen Nutzungspraxis ein und beteiligen uns aktiv an den Überlegungen zur Weiterentwicklung. Der Berliner Platz weist seit Jahren strukturelle Defizite auf. Darunter fallen beispielsweise unklare Wegeführungen, wenig gestaltete Zwischenräume und Nutzungen, die kaum soziale Kontrolle erzeugen. Eine grundlegende Neuordnung könnte helfen, diese Schwächen abzubauen. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass diese Projekte langfristig angelegt sind und die aktuellen Herausforderungen nicht kurzfristig beheben. Für uns ist klar: Die städtebauliche Transformation kann nur dann wirksam werden, wenn sie parallel von Maßnahmen begleitet wird, die den Alltag im Viertel stabilisieren. Die gleichzeitige Bearbeitung kurzfristiger Sicherheitsfragen und langfristiger Entwicklungsziele ist aus unserer Sicht notwendig, um das Bahnhofsviertel nachhaltig zu entlasten.
Die Frage, welche Rolle private Akteure in belasteten Stadtbereichen übernehmen sollten, wird häufig kontrovers diskutiert. Wir sehen unser Engagement weder als Ersatz noch als Konkurrenz zu staatlichen Aufgaben. Polizei, Ordnungsamt und soziale Träger wie das Drogenhilfezentrum INDRO bleiben zentrale Akteure. Dennoch gibt es Verantwortungsbereiche, die sich an den Schnittstellen zwischen privatem und öffentlichem Raum ergeben. Dazu gehören Instandhaltung, Zugangssituationen, Beleuchtung, Hausmeisterdienste oder technische Überwachung. Diese Strukturen bringen wir ein, da sie sowohl für unsere Immobilien als auch für das Umfeld relevant sind. Unser Ziel ist es, Stabilität zu fördern, ohne Aufgaben zu übernehmen, die hoheitliche Befugnisse erfordern. Die Herausforderungen im Bahnhofsviertel sind komplex und mehrdimensional. Sie lassen sich nur durch ein Zusammenspiel verschiedener Akteure lösen, die jeweils ihre spezifischen Beiträge leisten. Wir verstehen unseren Beitrag in diesem Gesamtbild als pragmatische, verantwortungsbewusste Unterstützung für einen Standort, der für viele Menschen täglich funktional sein muss.

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